- von Giulio Piovaccari und Nick Carey
Mailand/Shanghai, 24. Apr (Reuters) - - Der weltweit führende E-Autobauer BYD1211.HK hat nach einigen Fehltritten seine Strategie zur Expansion in Europa nachgeschärft. Es habe zu wenige Händler und Führungskräfte mit lokaler Marktkenntnis gegeben, sagten sechs frühere und aktive Manager von BYD der Nachrichtenagentur Reuters. Das 2022 gestartete Modellangebot auf reine Elektroautos zu begrenzen, habe sich auch als ungeschickt herausgestellt - die in China bewährten Hybridmodelle fehlten an europäischen Märkten.
Der größte chinesische Autobauer habe seine Probleme in Europa erkannt und gehe sie entschlossen an, erklärten BYD-Partner und Branchenexperten. "Sie nehmen das sehr ernst, müssen aber verstehen, dass der Aufbau einer Position in Europa Zeit braucht", sagt Tim Albertsen, Chef von AyvensAYV.PA, einem der größten Leasingunternehmen Europas und BYD-Partner. Was sich in China bewährt habe, funktioniere nicht immer in Europa.
Das Auto sei für Verbraucher ein emotionales und kulturelles Thema, beschreibt Timo Möller, Autoexperte und Partner von McKinsey, die Herausforderung. "Insofern muss man bei einem Markteintritt in eine neue Region Dinge einfach lernen - vor allem den Kunden kennenlernen."
Der Marktneuling stellte außerdem fest, dass der Automarkt in Europa kein einheitlicher Block ist, sondern es nationale Besonderheiten gibt. Die Märkte auf dem Kontinent seien wie "Frösche in der Pfanne", die alle in unterschiedliche Richtungen springen, beschreibt es ein ehemaliger BYD-Manager. "BYD fängt gerade erst an, das zu lernen."
Die Konkurrenten aus China hätten bei Rückschlägen nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sagt Berater Möller. "Genau das Gegenteil passiert gerade: Sie sagen, okay, wir haben jetzt Fehler gemacht, das funktioniert so nicht. Wir müssen fundamental Dinge ändern, wir müssen Leute austauschen, wir müssen hier präsenter sein."
STELLANTIS-MANAGER ABGEWORBEN
So gewann BYD mehrere Manager vom italienisch-französischen Autokonzern StellantisSTLAM.MI. Im August begann der frühere Fiat-Chrysler-Manager Alfredo Altavilla als Sonderberater für Europa bei BYD. Auf seine Initiative hin wechselten auch die jetzigen BYD-Landeschefs von Italien, Spanien und Deutschland, Alessandro Grosso, Alberto De Aza und Maria Grazia Davino, von Stellantis zu BYD. Im vergangenen Jahr löste Stella Li, die Nummer Zwei des Konzerns in China, als Europa-Chefin Michael Shu ab. Er verpasste das Ziel, einen Marktanteil bei E-Autos in Europa von fünf Prozent zu erreichen. Im vergangenen Jahr verkaufte BYD rund 57.000 Autos, was 2,8 Prozent aller E-Autoverkäufe entspricht.
In Deutschland waren es nur 2900. "In Deutschland ist der Markt nicht einfach, hier fehlen die Grundlagen noch", sagte die BYD-Landesmanagerin für Deutschland und eine Handvoll weiterer europäische Länder, Davino, im März bei der Vorstellung des neuen SUV Atto 2. Das Händlernetz will sie bis Ende des Jahres auf 120 deutsche Standorte von derzeit knapp 30 ausbauen und selbst führen, nachdem es mit dem Importeur und Zwischenhändler Hedin nicht geklappt hat.
ANGEBOT ERWEITERT
Altavilla wies BYD-Gründer und -Chef Wang Chuanfu darauf hin, dass ein reines E-Autoangebot schwer zu verkaufen sei, weil die Verbraucher mit dem Umstieg zögerten. "Er hat die Botschaft sehr schnell verstanden und den BYD-Ingenieuren mitgeteilt, dass jedes neue Modell für Europa sowohl als Elektro- als auch als Hybridversion erhältlich sein muss", sagte Altavilla. Es gibt erste Anzeichen, dass der Neustart in Europa Früchte trägt: So haben sich die europäischen BYD-Verkäufe, einschließlich Großbritannien, im ersten Quartal auf mehr als 37.000 Autos gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast vervierfacht.
Mit dem Produktionsstart in Ungarn Ende des Jahres und einer weiteren geplanten Fabrik in der Türkei will der Autoriese aus China die nächsten großen Schritte gehen. Auch andere chinesische Hersteller wie CheryCHERY.UL, Geely0175.HK, Xpeng9868.HK und ChanganSASAGG.UL suchen ihr Glück in Europa. Sie alle stehen unter Druck, mit der Auslandsexpansion den Gewinn zu steigern - denn zu Hause ist das schwer mit einem überlaufenen Markt und einem ruinösen Preiskampf.