- von Tassilo Hummel
Cognac, 05. Apr (Reuters) - Fünf Generationen lang hat das Gut von Cognac-Meister Christophe Fillioux alles von Kriegen bis hin zu Finanzkrisen überstanden. Es war der Ur-Ur-Ur-Großvater des 45-Jährigen, der 1894 die Cognac-Marke Jean Fillioux ins Leben rief. Es war der Vater von Christophe Fillioux, der die Weinstöcke im Geburtsjahr seines Sohnes gepflanzt hat, zwischen denen der aktuelle Firmenchef jetzt steht - und nur noch wenig Zuversicht verbreitet. "Es ist schwierig, die Situation zu meistern", sagt Fillioux. Die Zukunft sei furchtbar ungewiss, er werde sich wohl von einem weiteren Teil seiner Weinberge trennen müssen. Unter dem Druck der internationalen Handelspolitik hat er schon Flächen stillgelegt, nun kommen die US-Zölle hinzu.
Jede zweite Flasche Cognac weltweit wird in den USA verkauft, das Land ist der Hauptabnehmer der Spirituose. Die Exporte des berühmten Weinbrands aus der gleichnamigen Region im Südwesten Frankreichs in die Vereinigten Staaten beliefen sich 2024 auf rund eine Milliarde Euro. Der zweitgrößte Cognac-Markt nach Volumen ist China. Hier ging der Absatz um mehr als die Hälfte seit Oktober zurück, als die Volksrepublik EU-Zölle auf E-Autos mit Abgaben auf Cognac konterte.
BRANCHENVERBAND: LAGE MIT BANKEN IN DEN GRIFF BEKOMMEN
"Wir werden diese Situationen mit den Banken so gut wie möglich in den Griff bekommen", sagt Florent Morillon, Präsident der Winzer- und Cognacproduzenten-Vereinigung BNIC. Sie vertritt neben dem Branchenprimus HennessyLVMH.PA auch andere bekannte Namen wie Remy MartinRCOP.PA, MartellPERP.PA und CourvoisierCPRI.MI.
Frankreichs fast drei Milliarden Dollar schwere Cognac-Industrie hat bereits Flächenstilllegungen angestoßen, damit die Branche durch die Krise kommt. Fillioux hat einen halben Hektar alter Rebstöcke aus der Erde gerissen, nächstes Jahr sollen noch einmal eineinhalb Hektar weichen.
BEI ZOLL FÜR WHISKEY: TRUMP DROHT MIT 200 PROZENT FÜR COGNAC
Dabei dürften die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle von 20 Prozent auf alle Waren aus der EU Fillioux und seinen rund 4000 Rivalen in der Region nun das Leben erst richtig schwermachen. Und es könnte für den Wirtschaftszweig noch deutlich schlimmer kommen: Trump hat mit Zöllen von 200 Prozent auf europäische Weine und Spirituosen gedroht, sollte die EU Bourbon-Whiskey ins Visier nehmen.
In den USA hat Cognac eine spezielle Bedeutung in der schwarzen Bevölkerung, wie Bertrand Blancheton, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Bordeaux, erläutert. Schwarze US-Soldaten hätten während des Zweiten Weltkriegs Geschmack am Cognac gefunden und ihn mit in die USA gebracht. In den 1990er und 2000er Jahren machten Großhersteller wie Hennessy dann massiv Werbung für das Getränk aus Frankreich, so Blancheton.
PROBLEME GEHÖREN ZUM LEBEN EINES WINZERS
Doch schon vor den Handelskonflikten mit China und den USA ebbte das Interesse an Cognac ab, weil weltweit weniger Geld für Luxusgüter ausgegeben wurde. In den USA wird zudem immer mehr Tequila und Whiskey statt Cognac getrunken. Das Traditionshaus Fillioux sucht nun mit seinen Vertriebspartnern nach neuen Absatzmärkten. Im Auge haben Christophe Fillioux und seine Leute unter anderem Thailand, Vietnam und Nigeria.
Insgesamt stehe er aber besser da als viele Konkurrenten, sagt Fillioux. Er habe wenig Schulden und sei Besitzer seiner eigenen Marke. Damit sei er weniger abhängig von großen Spirituosen-Konzernen wie Hennessy. "Probleme gehören zum Leben eines Winzers, mit all den guten und schlechten Überraschungen."